Bisher war mit einer Behandlungszeit von durchschnittlich vier Stunden auf der Notfallstation zu rechnen. Heute dauert der Behandlungsprozess im Notfall des Kantonsspitals Aarau bis zu acht, neun oder sogar zehn Stunden. Bei bis zu 170 Patientinnen und Patienten pro Tag ist das keine Überraschung. Trotzdem ist es eine unbefriedigende Situation für alle Beteiligten. Die Gründe dafür sind vielfältig. Covid-19 mitsamt seinen Nachwehen belastet die Notfallstationen im ganzen Land weiterhin stark. Auch der Fachkräftemangel und die damit verbundenen stillgelegten Betten tragen zur schwierigen Situation bei.
Frühzeitig Hausarztpraxis suchen
Ein grosses Problem – da sind sich sowohl Petra Tobias, Leiterin Pflege Zentrum für Notfallmedizin, wie auch Ulrich Bürgi, Chefarzt Notfallmedizin, einig – sind allerdings die Walk-in-Patientinnen und -Patienten. Rund ein Viertel der Patientinnen und Patienten, die auf die Notfallstation kommen, benötigen keine sofortige Behandlung in einem Spital.
«Viele von ihnen hätten auch die Hausärztin oder den Hausarzt konsultieren können», erklärt Petra Tobias. Doch hier beginnt das Problem. Immer weniger Menschen haben einen Hausarzt. Stattdessen gehen sie mit leichten Verletzungen und Krankheiten gleich ins Spital. Das liegt unter anderem auch daran, dass es immer weniger Hausärzte gibt. «Es empfiehlt sich, bereits bevor man krank ist, einen Hausarzt oder eine Hausärztin zu suchen», erklärt die Leiterin Pflege. Doch auch die 24/7-Gesellschaft trägt einen wichtigen Teil zur prekären Situation auf den Schweizer Notfallstationen bei. «Viele Menschen kommen abends oder am Wochenende in den Notfall, weil sich das besser mit ihrer Agenda vereinbaren lässt. Diese Haltung überlastet die Notfallstationen in den Randzeiten», erklärt Notfallarzt Bürgi.
Anders als auf der Post, wo einer nach dem anderen drankommt, wird auf der Notfallstation eine Priorisierung vorgenommen. Wer unverzüglich eine lebenswichtige Behandlung braucht, benötigt maximalen Einsatz durch das Team des Notfallzentrums. Auch Patienten mit akuten Brustschmerzen und Lähmungen dürfen nicht warten: Hier könnte ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall vorliegen. «Wer sich über die lange Wartezeit im Notfall ärgert, sollte nie vergessen, dass, während man wartet, Schwererkrankten oder Schwerverletzten geholfen wird», erklärt die diplomierte Expertin Notfallpflege Petra Tobias.
Hilfe ausserhalb des Spitals suchen
Menschen, die wegen einfachen Erkrankungen und Verletzungen den Notfall aufsuchen, beanspruchen nicht nur unnötigerweise Ärztinnen, Ärzte und Pflegende, die Patientinnen und Patienten mit schwerwiegenderen Leiden helfen könnten, sie vergeuden auch ihre eigene Zeit.
Eine weitere Möglichkeit, sich ganz bequem und schnell online Rat zu holen, ist zum Beispiel www.medicalguide.ch. Der Medicalguide stellt Ihnen eine Reihe von verschiedenen Fragen zu Ihrer Person und Ihrem Leiden. Am Ende erhalten Sie eine Handlungsempfehlung. Wer die direkte Beratung durch einen Arzt oder eine Ärztin bevorzugt, kann alternativ auch die ärztliche Notrufnummer des Aargauischen Ärzteverbands unter 0900 401 501 (CHF 3.23/Minute) konsultieren. Auch die Beratung durch eine Apothekerin oder einen Apotheker kann eine effiziente Alternative zum Gang in die Notfallstation sein.