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Brustrekonstruktion für ein besseres Lebensgefühl

Silikon oder Eigengewebe? Vor dieser Frage stehen viele Brustkrebspatientinnen, denen mit dem Tumor die Brust entfernt wurde.

Am zertifizierten Brustzentrum Mittelland des Kantonsspitals Aarau wird für jede betroffene Patientin eine individuelle Lösung angestrebt.

Die Diagnose Brustkrebs ist ein Schock. Angst, Trauer und Hilflosigkeit mischen sich mit Wut und Resignation. Jährlich erkranken rund 6200 Frauen und 50 Männer in der Schweiz an Brustkrebs. Damit ist Brustkrebs die häufigste Krebsart bei Frauen. Für viele ist nach einem ersten Gefühlschaos schnell klar: Der Knoten in der Brust muss weg. Ob dabei die gesamte Brust entfernt wird oder eine brusterhaltende Operation durchgeführt werden kann, ist von verschiedenen Faktoren wie der Grösse und der Ausbreitung des Tumors abhängig.

Damit wird schnell die enorme Doppelbelastung klar, unter der Betroffene leiden. Denn sie müssen nicht nur die Angst vor dem Krebs ertragen, sondern sich zusätzlich damit ab- finden, allenfalls ihre Brust zu verlieren. Glücklicherweise gibt es verschiedene Verfahren zur Brustrekonstruktion und damit zu einem positiveren Lebensgefühl.

Umfassende Aufklärung ist der Schlüssel

Die Rekonstruktion der Brust kann direkt nach der Tumorentfernung oder in einer späteren zweiten Operation erfolgen. Dabei können sich Patientinnen zwischen einer Brustrekonstruktion mit Eigengewebe, einem Brustimplantat und einer Kombination beider Methoden entscheiden. Gewisse Umstände können eher für die eine oder die an­dere Methode sprechen. So sollte zum Beispiel eher auf Eigengewebe gesetzt werden, wenn eine Bestrahlung geplant ist. Anders sieht es aus, wenn schon zahlreiche Vorerkrankungen bekannt sind. In diesem Fall wird häufiger eine Rekonstruktion mit Implantat vorgenommen. Wer hingegen ein besonders natürliches Resultat anstrebt, dem ist eine Brustrekonstruktion mit körpereigenem Gewebe zu empfehlen.

«Es gibt nicht die eine richtige Lösung. Viel wichtiger ist es, dass Patientinnen umfassend aufgeklärt werden und so gut informiert die für sie richtige Entscheidung treffen können», erklärt PD Jan Plock, seit 1. September 2020 neuer Chefarzt der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie am Kantonsspital Aarau. Die Klinik ist Teil des Brustzentrums Mittelland des Kantonsspitals Aarau, des einzigen Brustkrebszentrums in der Schweiz, das von der Eusoma, der Deutschen Krebsgesellschaft sowie nach ISO-Normen zertifiziert ist. Jährlich werden dort mehr als 160 Patientinnen in enger Zusammenarbeit von Spezialisten aus über zwölf Fachgebieten behandelt. Dabei wird das gesamte Leistungsspektrum der Diagnostik sowie Therapie von Brustkrebs angeboten. Regelmässige Tumorkonferenzen garantieren zudem zuverlässige Diagnosen und die bestmögliche Behandlung. Das interdisziplinäre Brustzentrum Aarau wird von PD Dr. Dimitri Sarlos, Chefarzt Gynäkologie und Onkologische Gynäkologie, geleitet.

Positives Lebensgefühl zurückgewinnen

Der entscheidende Vorteil bei der Brustrekonstruktion mit Eigengewebe liegt darin, dass kein Fremdmaterial zum Einsatz kommt. Das Gewebe kann an verschiedenen Körperstellen wie dem Unterbauch, der Innenseite des Oberschenkels oder dem Gesäss entnommen werden. «Wir achten darauf, dass die Narbe an einem unauffälligen Ort liegt und sich im Alltag so gut verstecken lässt», gibt Plock Entwarnung. Besonders häufig kommt Bauchfett­gewebe zum Einsatz, das mikrochirurgisch auf den Brustkorb transplantiert wird.

Durch diesen zusätzlichen Arbeitsschritt liegt die Operationsdauer bei rund vier Stunden. Grundsätzlich grössere Risiken ergeben sich dadurch allerdings nicht, wie Chefarzt Jan Plock bestätigt. Bei rund 5 bis 10 Prozent der Patientinnen kann es in den ersten ­Tagen nach der Operation zu Durchblutungsstörungen kommen. Deshalb wird die Genesung der Patientinnen besonders engmaschig kontrolliert.

Die Schmerzbelastung ist bei Brustrekonstruktionen mit Eigengewebe aufgrund der zusätzlichen Narbe durch die Gewebsentnahme etwas höher als bei jenen mit Implantaten. Die Schmerzen lassen sich gemäss Experte Plock mit Medikamenten oder Schmerzblocks aber sehr gut in den Griff bekommen. Nach fünf bis sieben Spitaltagen gehen die meisten Patientinnen schmerzfrei nach Hause. Eine Rekonstruktion der Brustwarze lässt sich nach erfolgreicher Wundheilung dann unter Lokalanästhesie in weniger als einer Stunde vornehmen. Plock erklärt zudem: «Auch das Tätowieren des Vorhofs oder eine kleine Korrektur der Narbe oder der Kontur mit Eigenfett ist zu einem späteren Zeitpunkt ambulant mit wenig Aufwand möglich.»

Im Gegensatz zur implantatbasierten Rekonstruktion, die Kapselfibrose auslösen oder einen Prothesenwechsel erfordern kann, birgt die Eigengeweberekonstruktion kaum langfristige Risiken. «Zudem dürfen sich die Patientinnen über ein sehr natürliches und nachhaltiges Resultat freuen, das viel zu einem positiven Lebensgefühl beiträgt», so Spezialist Jan Plock.

Lassen Sie mögliche Symptome abklären

Haben Sie Anzeichen von Brustkrebs festgestellt? Unsere Spezialistinnen und Spezialisten des zertifizierten Brustzentrums Mittelland sind für Sie da.