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Vitamin-D-Mangel infolge der Corona-Krise?

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Ich (75) bin aufgrund der Corona-Krise weniger aktiv in der Natur und vermehrt drinnen und benutze zudem konsequent einen Lichtschutzfaktor für meine sensible Haut. Würde es Sinn machen, zusätzlich Vitamin-D-Tropfen einzunehmen oder gar regelmässig meinen Vitamin-D-Spiegel von meinem Hausarzt messen zu lassen?

Vitamin D ist ein lebenswichtiges Vitamin für Knochen und Muskulatur. Zudem unterstützt es das Immunsystem. Es ist nachgewiesen, dass ein Vitamin-D-Mangel zu vermehrten Stürzen und einem erhöhten Frakturrisiko führt. Zusätzlich deuten epidemiologische Studien darauf hin, dass eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung bei der Prävention von anderen Krankheiten eine Rolle spielt wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bestimmten Krebsarten und Atemwegsinfektionen. In der Schweiz gibt es geographisch und saisonal bedingt eine Vitamin D Unterversorgung für einen Teil von besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen. Diese beinhalten insbesondere ältere Personen ab 60 Jahren – womit auch Sie mit eingeschlossen sind. Dies insbesondere auch, weil mit dem Alter die Haut weniger Vitamin D produziert und viele Menschen Sonnencremes verwenden zur Verbeugung von Hautkrebs. Weil Vitamin-D-Quellen in der Nahrung sehr beschränkt sind, wird eine Vitamin D Ergänzung in Form von Tropfen oder Tabletten empfohlen.  Gemäss einer Empfehlung der eidgenössischen Ernährungskommission (EEK) aus dem Jahr 2012, welche heute immer noch Ihre Gültigkeit hat, sollten Personen ab 60 Jahren 800 Einheiten Vitamin D pro Tag einnehmen (Dies entspricht rund 20μg). Diese Dosisempfehlung ist ausreichend, um mögliche Vitamin D Mängel sicher zu beheben ohne Risiken für eine Überdosierung oder Nebenwirkungen.

Es liegt in der Natur von präventions- und gesundheitsfördernden Empfehlungen, dass nicht alle Personen in der Bevölkerung in gleichem Masse von einer solchen Empfehlung profitieren. Typischerweise profitieren jene am meisten, die ein sehr tiefes Vitamin D haben – vor allem Menschen mit chronischen Krankheiten oder solche, die im Pflegheim leben. Sie stellen die berechtigte Frage, ob man individuell testen soll oder einfach pragmatisch einnehmen. Die Kosten einer Vitamin D Supplementierung sind sehr gering (ca. 10 Rappen pro Tag) und somit deutlich geringer verglichen mit Laborkosten für die individuelle Spiegelbestimmung. Einer aktuellen Schweizer Studie zufolge beliefen sich die Kosten der Pflichtversicherung für Vitamin-D-Labormessungen im Jahr 2018 auf geschätzte 90 Millionen Franken.(1) Somit macht das Vitamin D Messen auf Bevölkerungs-Eben wenig Sinn, ausser bei Personen mit einem extrem hohen Risiko für einen schweren Vitamin-D-Mangel, um eine mögliche höhere Vitamin-D-Zufuhr zu ermitteln. Zudem ist eine Vitamin-D-Messung je nach Testzeitpunkt nur bedingt aussagekräftig und ist keine Voraussetzung für eine präventive Supplementation.

Somit würde ich Ihnen aufgrund Ihres Alters und der konsequenten (und korrekten) Benutzung einer Sonnencreme empfehlen 800 Einheiten Vitamin D pro Tag einzunehmen als kostengünstige und sichere Präventivmassnahme um Ihren Körper mit genügen Vitamin D versorgen zu können. Eine Spiegelmessung würde an dieser Empfehlung wenig ändern und macht deshalb bei Ihnen wenig Sinn.

1. Essig S, Merlo C, Reich O, Trottmann M. Potentially inappropriate testing for vitamin D deficiency: a cross-sectional study in Switzerland. BMC health services research. 2020;20(1):1097.

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Chefarzt Allgemeine Innere und Notfallmedizin