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Man ist, wie viel man isst

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Solange die Nahrungszusammensetzung ausgewogen ist, erlauben alle Ernährungsformen ein langes, «gesundes» Leben. Wichtig: Mass halten.

Ich (32) habe keine Gluten-Unverträglichkeit, meide aber Weizen, weil ich das Gefühl habe, dass es mir so besser geht. Nun habe ich gelesen, dass Diabetes riskiert, wer Gluten meidet. Stimmt das?

Weizen- respektive Glutenverzicht ist nicht per se ungesund. Je nach Region und Kultur gibt es eine Vielzahl von «gesunden» Ernährungsformen: von vegetarisch bis fleischbetont. Die Kohlenhydrate werden in Asien primär in Form von Reis zugeführt, in Europa isst man mehr Weizen und Kartoffeln. Solange die Nahrungszusammensetzung ausgewogen ist, erlauben alle Ernährungsformen ein langes, «gesundes » Leben. Viel «ungesünder» sind eine übermässige Kalorienzufuhr (egal mit welchen Inhaltsstoffen, führt diese zum Metabolischen Syndrom mit Diabetes mellitus Typ 2) und der übermässige Konsum von Schadstoffen wie Alkohol oder das Rauchen.

Richtig ist, dass Gluten bzw. Weizen in der Evolution erst vor relativ kurzem Eingang in unseren Speiseplan fanden: vor 10 000– 20 000 Jahren, als wir uns vom Jäger- und Sammlerdasein hin zur sesshafteren Agrarkultur wandelten mit Ackeranbau und eben dem Genuss von Weizen. Es kann prinzipiell bei jedem Nahrungsmittel zu allergisch bedingten Unverträglichkeiten kommen. Bekannt sind z. B. Allergien gegen Erdnüsse, Zitrusfrüchte und Meerestiere. So gibt es, ganz «natürlich», auch Allergien gegen Inhaltsstoffe von Weizen, Gluten ist nur einer davon. Man mag spekulieren, ob die relative Häufung darauf beruht, dass sich unser Immunsystem erst seit wenigen tausend Jahren mit Weizenprodukten auseinandersetzen muss und es deshalb noch gehäuft als «fremd» erachtet wird und so eine Allergie auslöst. Auch wahr ist aber, dass es sich beim Thema «Glutenunverträglichkeit» um einen «Hype» handelt. Lange nicht alle «Unverträglichkeiten» sind eine medizinisch begründete «Sprue», auch «Zöliakie» genannt. Die Nahrungsmittelindustrie verdient gut, indem sie «glutenfreie» Produkte stark überteuert anbietet.

Wer Gluten meidet, riskiert aber zumindest keinen Diabetes. Diese Angst ist völlig unbegründet. Richtig ist, dass bei entsprechend veranlagten Personen (sog. «Atopiker») Autoimmunerkrankungen gehäuft gegen mehrere ihrer Organe auftreten können. Atopiker neigen auch vermehrt zu Heuschnupfen oder hatten in der Kindheit oft Hautekzeme. Bei diesen Menschen ist auch die Allergie auf Gluten («Sprue») gehäuft. Da dies bei Ihnen offenbar nicht der Fall ist, rate ich: Geniessen Sie Ihre Mahlzeiten mit Mass.  

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Chefarzt, Leiter Medizinische Universitätsklinik, Bereichsleiter Medizin