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Der Janssen-Impfstoff ist da – was muss ich darüber wissen?

PD Dr. Christoph Fux gibt in einem ausführlichen Interview Auskunft über den neu in der Schweiz zugelassenen Janssen-Impfstoff.

Wieso eine neue Impfung?

Wir warten schon lange auf eine Alternative für die Wenigen, welche sich wegen einer Allergie nicht mit mRNA-Impfstoffen impfen lassen können. Der Janssen-Impfstoff stellt aber auch für diejenigen eine lang ersehnte Alternative dar, welche der mRNA-Technologie kritisch gegenüberstehen. Die für den Janssen-Impfstoff verwendete Technologie hat als Ebola-Impfung in den letzten Jahren grosse Erfolge ermöglicht, indem durch Ringimpfungen in betroffenen Dörfern Ebola unter Kontrolle gebracht werden konnte.

 

Wie läuft die Impfung ab?

Man muss sich über die Homepage des Kantons oder der des KSA für die Janssen-Impfung anmelden, ein walk-in wird nicht angeboten. Die Impfung erfolgt, wie auch die anderen Impfungen, mit einem Stich in den Oberarm. Viele Personen schätzen es, dass nur eine Dosis notwendig ist. Weil die Antikörper-Produktion Zeit braucht, ist man erst ca. drei Wochen nach der Impfung gut geschützt. Entsprechend ist das Geimpft-Zertifikat auch erst ab dem 22. Tag gültig.

 

Heisst eine statt zwei Dosen dafür weniger Wirksamkeit?

Der Schutz vor einer schweren Infektion, welche zu einer Hospitalisation führt, ist mit 85-90% nur wenig geringer als mit 95% durch einen mRNA-Impfstoff. Allerdings ist der Schutz vor asymptomatischer oder leichter Infektion mit 65% deutlich geringer. Damit ist der Geimpfte zwar sehr gut, seine Umgebung aber deutlich schlechter geschützt als mit einem mRNA-Impfstoff. Janssen ist also mehr ein Schutz für sich selbst als für die anderen – wenn das alle machen, haben wir allerdings auch gewonnen!

 

Was ist ein Vektorimpfstoff?

Als Träger oder eben Vektor wird ein banales Schnupfenvirus verwendet. Konkret ist das, ähnlich wie bei der AstraZeneca Impfung, ein abgetötetes Adenovirus. In dieses Virus wird der Bauplan für das Spike-Eiweiss des neuen Corona-Virus eingebaut. Wie bei der mRNA-Impfung produzieren unsere Zellen darauf das Spike-Eiweiss, welches eine Immunreaktion auslöst. Diese Reaktion führt zur Bildung gezielter Antikörper, kann aber auch Nebenwirkungen verursachen.

 

Gibt es Nebeneffekte?

Nebenwirkungen sind Ausdruck der Auseinandersetzung des Körpers mit dem Spike-Protein. Wir können (müssen) spüren, dass der Körper auf Hochtouren an seiner Verteidigung arbeitet. Die Nebenwirkungen betreffen vor allem die Einstichstelle mit Rötungen, Schwellungen oder lokalen Schmerzen. Zudem können Fieber, Gliederschmerzen oder eine Reduktion des Allgemeinzustandes eintreten. Die Beschwerden sind üblicherweise nach 1 - 5 Tagen vorbei. Bei Frauen unter 50 Jahren kommt es in ca. sieben Fällen pro Million Impfungen zu einer Thrombosebildung mit Verminderung der Blutplättchen. Diese können das Gehirn betreffen, weshalb man sich bei Kopfschmerzen beim Hausarzt oder Impfzentrum melden soll.

 

Ich bin Allergikerin oder Allergiker, wie komme ich an die Impfung?

Lassen Sie sich von Ihrem betreuenden Arzt im Impfzentrum anmelden (ksaimpfzentrum@ksa.ch). Danach wird Ihnen telefonisch ein Termin bestätigt. Allfällige Fragen können Sie dem Impfarzt vor der Impfung vor Ort stellen.

 

Die vierte Welle geht zu Ende – warum immer noch dieser Druck zum Impfen?

Wollen wir möglichst schnell aus dieser Pandemie rauskommen, hilft nur impfen. Mit der kälteren Jahreszeit rücken die Menschen wieder näher zusammen - damit steigt das Ansteckungsrisiko wieder an. Niemand hat Lust auf eine fünfte Welle kurz vor Weihnachten.  Wir gehen davon aus, dass die Pandemie erst zu einem Ende kommt, wenn praktisch jeder entweder geimpft ist oder die Krankheit durchgemacht hat. An Covid erkranken heisst halt immer, andere Menschen zu gefährden und das Risiko von Long-Covid zu tragen. Den dritten Weg, ohne Erkrankungen oder Infektion (also ohne nachweisbare Antikörper im Blut) durch die Pandemie zu kommen gibt es spätestens seit der ansteckenderen Delta-Mutante nicht mehr.

 

Ich bin nicht allergisch, soll ich mich trotzdem mit Janssen-Impfstoff impfen lassen?

Wir empfehlen weiterhin primär die mRNA-Impfstoffe, weil diese wirksamer sind. Fühlt sich jemand damit aber nicht wohl, unterstützen wir den Entscheid für Janssen. Für viele kostet eine Spritze sehr viel Überwindung. Hier kann es ein Segen sein, mit einer Einzeldosis zu einem Getestet-Zertifikat zu kommen. Für Immunsupprimierte, Schwangere und Stillende gibt es noch nicht genügend Daten. Hier sind wir vorsichtig und verabreichen nur die mRNA-Impfstoffe.

 

Wie viele Menschen können sich mit Janssen impfen lassen?

Wir haben für den Aargau rund 12'000 Dosen zur Verfügung. Ein geringer Teil ist für die Allergiker reserviert, der Rest ist frei verfügbar. Es het solang's het.

Autor*in

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Chefarzt Infektiologie und Spitalhygiene, Stv. Chefarzt Allgemeine Innere und Notfallmedizin

Fachexperte PD Dr. Christoph Fux äussert sich zu ausgewählten Themenfeldern in der Infektiologie, beantwortet häufig gestellte Fragen und checkt die aktuelle Faktenlage.